Das Thema “Zero Waste” ist in aller Munde, trotz allem sehen wir immer wieder überfüllte Mülltonnen, aus denen so unglaublich viel Müll quillt. Besonders schlimm ist es, wenn die Müllabfuhr die Tonnen nicht leeren konnte und sich der Plastikmüll in riesigen Tüten vor den Tonnen stapelt. Wie in den letzten Wochen bei uns daheim. Wir finden, dass das Grund genug ist nachzufragen: Was bedeutet „Zero Waste“ eigentlich? Handelt es sich um den totalen Verzicht auf alles, was Müll produziert? Ist es nur eine Bewegung, die gerade „in“ ist? Was sind die Hintergründe? Sowie die wichtigste Frage: Was kann ich als Person tun, wie startet man und was ist wichtig?
Zero Waste, Nachhaltigkeit und Achtsamkeit
„Zero Waste“ – was bedeutet das? Wenn man es übersetzt, bedeutet es „kein Müll“, gleichzeitig gemeint ist aber auch „keine Verschwendung“ – also eine Form der Nachhaltigkeit. Mittlerweile ist aus dem Begriff „Zero Waste“ eine ganze Bewegung geworden. Es ist eine Möglichkeit für jeden einzelnen und als Familie, den eigenen ökologischen Fußabdruck zu verkleinern. Wir sind der Meinung, dass dieser Bewegung mehr Gehör verschafft werden sollte, haben das Thema näher untersucht und versuchen Antworten auf Fragen zu finden.
Die Industrie stellt Plastik her, weil es einfach und kostengünstig ist. Hier fragt niemand nach der Ökobilanz, der Antrieb für die Plastikproduktion ist ein wirtschaftlicher Grund.
Den Müll, den wir produzieren, fällt bei den Lebensmitteln und Hygieneartikeln an. Zumeist handelt es sich hier um Plastikverpackungen. Wenn wir mit wachem Blick durch den Supermarkt gehen, wird uns bewusst, wie viele Lebensmittel in Plastik verpackt sind. Gemüse, Obst, Brot, Wasser, Milchprodukte, Käse und Wurst, Nudel und Reis, Süßwaren, Konserven, Tüten… . Die Liste lässt sich ewig lang fortsetzen. Warum ist alles in Plastik verpackt? Es dient der Hygiene und Sauberkeit. Aber was tut dieses Plastik? Wie wirkt es sich auf die Lebensmittel aus? Und was passiert mit der Umverpackung?
Zahlen, die uns zum Staunen bringen
Plastik oder auch Kunststoffe genannt, unterscheiden sich durch ihre Stabilität bzw. Formbarkeit und Bruchfestigkeit und dienen in erster Linie der Verpackung. Erschreckend hierbei: Laut Wikipedia wurden bis 2015 sind 8,3 Mrd Tonnen Plastik hergestellt, davon wurden nur 9 % recycelt und 12 % verbrannt. Der Rest lagert auf Mülldeponien in der Landschaft und in den Meeren.
Plastik im Duschgel?
Bei Hygieneartikeln ist es noch gravierender: Diese bestehen nicht nur durch ihre Verpackung aus Plastik, es befinden sich Mikroplastikpartikel in Kosmetika, Zahnpasten, Cremes, Shampoos, Duschgel, Peelings, Waschmittel etc. Die Mikroplastine sind in der Verwendung günstiger als beispielsweise Sand in einem Peeling. Die Körpercreme wird lieber gekauft, wenn sie einen cremigen Film auf der Haut hinterlässt. Das Shampoo, da die Haare nicht mehr ziepen und weicher werden, alles durch Mikroplastik.
Wie wirkt sich Plastik auf unser Leben aus?
Plastikartikel gelangen über das Auftragen oder Benutzen zum einen in den menschlichen Körper (zum Beispiel Bisphenol), zum anderen über das Abwasser in unserem Wasserkreislauf. Die Kläranlagen können diese Mikropartikel nicht herausfiltern und somit gelangen die Teilchen auch in die Meere und sind Teil der Nahrung aller Wasserlebewesen. Und somit letztendlich auch Teil unserer Nahrung.
Einer Studie vom März 2018 zufolge enthält jeder menschliche Körper Plastikteile. Diese sind giftig und beeinträchtigen die Fruchtbarkeit, den Stoffwechsel, das Immunsystem usw. Langzeitstudien gibt es bislang noch nicht. Somit wissen wir frühestens in ein paar Jahren, wie gefährlich dieser Stoff wirklich ist.
Ratgeber App – Codecheck
Wir haben eine tolle App gefunden, die es dem Verbraucher beim Einkauf erleichtert Plastik in Kosmetikartikeln zu erkennen. Die kostenlose Smartphone-App Code Check findet durch das Scannen des Strichcodes die Bestandteile des Produktes und ist in der Auswahl eine kleine Hilfe.
Interview mit der promovierten Biologin & Bloggerin Alexandra Achenbach
Es gibt ein paar Kniffe, um auf Plastik möglichst zu verzichten. Dazu haben wir die promovierte Biologin und Bloggerin Alexandra Achenbach von livelifegreen als Expertin zu Rate gezogen, die uns erklärt, dass der Verzicht auf Plastik gar nicht so schwer ist.
Liebe Alex, könntest du unseren Lesern und uns Tipps geben, wie man im täglichen Leben Müll bzw. Plastikmüll vermeiden kann?
Erstmal freue ich mich sehr, dass ich hier bei euren Lesern zu Gast sein und euch bei diesem wichtigen Thema unterstützen darf.
Müll betrifft uns alle, denn jeder von uns trägt Tag für Tag einen mehr oder weniger großen Berg dazu bei. Also ran, oder? Müllvermeidung ist nämlich gar nicht schwer. Es beginnt im Kopf und mit der Erkenntnis, dass ich ganz persönlich gerne weniger Abfall verursachen möchte. Zu diesem Schluss kommt man vielleicht am Spielplatz, beim Slalomlauf zwischen leeren Quetschies und Plastiktüten. Oder vor der eigenen Haustüre, wenn man die gelben Säcke der letzten Woche auf den Gehweg auftürmt. Oder auch beim Einkaufen, wenn man auf dem Kassenband vor lauter Plastikverpackungen kaum noch das Essen darin erkennen kann. Und sobald man für sich selbst beschlossen hat etwas zu verändern, kann es endlich losgehen. Immer ein Schritt nach dem anderen und mit viel Liebe und Verständnis für sich selbst. Warum? Weil eine Veränderung des täglichen Trotts einfach ein bisschen Zeit und Geduld braucht. Nichts ist von heute auf morgen sofort perfekt, aber wir können uns täglich der Perfektion annähern.
Zum Beispiel mit Milch und Joghurt aus dem Glas statt aus dem Becher, mit Leitungswasser statt Einweg-PET und mit losem Obst und Gemüse statt abgepacktem im Plastikmantel. All diese einfachen Kaufentscheidungen sind ein Schritt in die richtige Richtung und das ganz ohne Riesen-Aufwand. Als nächstes kann man dann versuchen eigene Verpackungen von zu Hause mitzubringen. Obst- und Gemüsesäckchen aus Stoff oder Mehrwegbehälter für die Wurst- und Käsetheke. Und auch der Coffee To Go wird mit einem leeren Marmeladeglas in der Tasche um Welten umweltverträglicher als im Wegwerfbecher. Ganz ohne Kosten und absolut auslaufsicher. Einfacher geht nicht, oder?
Was sind die 5 wichtigsten Regeln?
Anfangen! Das klingt jetzt vielleicht banal, aber viele fühlen sich beim Thema Nachhaltigkeit und Müllvermeidung so überfordert, dass sie lieber gar nichts mehr tun. Mit dem Verändern anfangen ist die erste und wichtigste Regel.
Geduld. Wie schon erwähnt ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Also niemals die Geduld mit sich selbst verlieren und einfach weitermachen. Auch wenn man einmal scheitern sollte.
Schritt für Schritt. Mit einfachen Veränderungen beginnen und sich langsam steigern ist motivierender, als sich zu viel auf einmal vorzunehmen und vielleicht daran zu scheitern.
Sich selbst auf die Schulter klopfen. Wir dürfen uns selbst loben, wenn wir es geschafft haben, ein Ziel zu erreichen. Wir haben an die Brotzeitbox für die Käsetheke gedacht? Bravo, gut gemacht und weiter so!
Spaß am Anders-Machen. Den Alltag zu verändern kann manchmal ein bisschen anstrengend sein, ja. Aber es macht auch richtig Spaß, denn wir verlassen ausgetretene Pfade und probieren etwas Neues. Das ist spannend und wer weiß? Vielleicht ist Knuspermüsli-Selber-Machen ja euer großes Talent? Oder ihr entdeckt eure Vorliebe für kleine Seifensiedereien und ihre wunderbaren Stückseifen? Oder ihr verliebt euch ins “Langsam-Einkaufen” auf dem Wochenmarkt? Solange man etwas noch nicht selbst ausprobiert hat, kann man nie wissen, oder?
Lässt es sich in den Alltag gut integrieren?
Auf jeden Fall. Vieles ist nur eine Frage der Umgewöhnung wie zum Beispiel das Trinken von Leitungswasser. Das ist in Deutschland übrigens das am strengsten kontrollierte Lebensmittel. Wusstet ihr das schon? Andere Schritte zu Müllvermeidung sind schlicht veränderte Kaufentscheidungen im selben Laden ohne zusätzlichen Zeitaufwand. Man entscheidet sich zum Beispiel einfach für die Stückseife in Papier statt für die Flüssigseife in Plastik. So schnell und so unkompliziert.
Warum ist Plastikvermeidung so wichtig? Was können wir unseren Kindern mitgeben?
Warum die Vermeidung von Einwegplastik so wichtig ist, kann man überall in der Stadt live sehen. Plastikmüll ist allgegenwärtig und an jeder Ecke, in jedem Stadtpark und selbst auf dem Wanderweg in den Bergen zu fnden. Und das Schlimmste daran ist, dass dieses Plastik nicht einfach wieder verschwindet. Es bleibt über Jahrhunderte in unserer Umwelt bestehen und zerfällt dort langsam in immer kleinere Teilchen, die schließlich zum Futter für kleine Lebewesen werden. Im Boden und in den Weltmeeren. Plastik ist mittlerweile Teil der Nahrungskette und am Ende kommt es, zum Beispiel über den Umweg Fisch, wieder zu uns zurück. Klingt nicht so schön, oder? Plastikvermeidung ist also nicht nur aktiver Umweltschutz. Plastikvermeidung ist auch Selbstschutz und der Schutz unserer Kinder und Enkel vor heute noch nicht abschätzbaren Gesundheitsgefahren.
Und genau DAS können und sollten wir auch unseren Kindern ganz praktisch erklären. Alles hängt mit allem zusammen und die Welt funktioniert wie ein großer Kreislauf. Unsere Natur schenkt uns alles, was wir zum Leben brauchen. Luft zum Atmen, sauberes Wasser zum Trinken und Nahrung. Dafür sollten wir die Natur mit Respekt behandeln und nicht wie eine große Müllkippe. Auch wenn das in der Konsequent bedeutet, dass Quetschies seit heute nicht mehr gekauft werden. Wer braucht schon bunten Müll und überteuertes Fruchtmus? Und wenn man selbst überzeugt davon ist das Richtige zu tun, dann sind die Kinder schnell zu begeistern. Auch für persönliche Veränderungen.
Was macht Nachhaltig- und Achtsamkeit mit einem selbst?
Hhhmmmm, das ist eine gute Frage. Ich glaube Nachhaltigkeit führt einem vor Augen, dass jede einzelne unserer Handlungen Konsequenzen hat. Im Heute oder in der Zukunft. Lokal und Global. Es ist ein bisschen wie Öko-Karma.
Irgendwann kann man dann schließlich gar nicht mehr anders als bewusst aktiv zu handeln und ebenso bewusst auf manches zu verzichten. Achtsam mit der Natur und ihrem großen Geschenk an uns umzugehen. Spätestens dann gibt es kein zurück mehr. Weder im Kopf noch im Herzen. Und das fühlt sich schlicht gut und richtig an.
Von Herzen lieben Dank, liebe Alex!
Zero Waste, Achtsamkeit und Nachhaltigkeit, ist nicht nur Einstellungssache. Sie bewirkt, dass wir uns bewußter mit unserem Leben beschäftigen, vorsichtiger im Umgang mit uns werden und eventuell das ein oder andere Mal die lieben Eltern und Großeltern fragen, wie unbewußt man Nachhaltigkeit früher gelebt hat. Um uns zu hinterfragen, ob wir wirklich dies oder jenes so nötig brauchen. Oder ob es nicht eine charmantere Lösung gibt. Die “Zero Waste”- Bewegung führt uns zur Vielfältigkeit unseres schönen Lebens – beispielsweise durch den Besuch kleinerer Geschäfte und Bauern, die wir durch unseren Kauf unterstützen. Sie spart Ressourcen, Energie und jede Menge Plastik. Wenn jeder ein bisschen achtsamer handelt, können wir mehr bewegen. Was meint ihr?